Vor über 500 Jahren wurde die Hl. Blut Wallfahrtskapelle zu Schwenningen geweiht
Die Heilig-Blut-Kapelle steht mitten in der Ortschaft, ist geostet und weist eine für den Ort stattliche Größe auf. Der erste Vorgängerbau der heutigen Kapelle wurde
am 25. Oktober 1497 vom Augsburger Weihbischof Johannes zu Ehren des Erlösers und seines kostbaren Blutes geweiht.
Im Staatsarchiv Ludwigsburg reichen die sogenannten Heiligen-Rechnungen (Renovations- und Anschaffungsrechnungen) bis in das Jahr 1575 zurück. Regelmäßig tauchen ab
diesem Zeitpunkt immer wieder Renovationsrechnungen auf. Lediglich zwischen 1631 – 1644 brechen die Heiligenrechnungen, wohl wegen der Wirren des Dreißigjährigen Krieges, ab. In den Jahren 1780 –
1782 fand dann eine Renovierung und Erweiterung der „baufälligen uralten“ Wallfahrtskapelle statt. Im Frühjahr 1780 reichte der kapitlische Maurermeister Xaverius Wagner einen Kostenvoranschlag
über 1496fl. 29Kr. ein. Der Voranschlag sah vor, das Langhaus um 14 Schuh nach Westen zu verlängern. Auf einer Länge von 6 Schuh sollte das Gemäuer erhöht werden, so dass das Langhaus durchgehend
20 Schuh hoch gewesen wäre. Das gesamte Dach sollte neu errichtet werden und in die Langhausmauern 6 Fenster eingebrochen werden. Ein neuer Chorbogen sollte aus Backsteinen errichtet, sowie eine
neue Empore eingezogen werden. Für das Langhaus und den Chor waren Gipsdecken und ein neuer Innenputz vorgesehen. Der Erweiterungsbau wurde gemeinsam von den Baumeistern Sebastian Munz und
Xaverius Wagner ausgeführt. Die Deckenfresken wurden von dem Ellwanger Maler Johannes Nepomuk Nieberlein im Jahre 1781 geschaffen. Der Hochaltar stammt aus dem Jahre 1794 von dem Bildhauer
Andreas Buhl. In einem Brief an das Stiftskapitel Ellwangen bat er um eine Nachzahlung, weil in diesen „ausserordentlich theuren Zeiten“ nicht nur Lebensmittel, sondern auch die benötigten
Materialien wie Goldfarben usw. im Preis gestiegen seien.
Im Jahre 1876 wurden die Deckenfresken von Maler Stubenvoll aus Ellwangen aufgefrischt und nachgemalt. In den Jahren 1928 und 1930 wurde die Kapelle innen und außen
restauriert. 1986 bis 1998 wurden der gesamte Innenraum, Deckenfresken, Bilder und Altäre restauriert. Die Kapelle erhielt neue Bänke nach altem Muster und erhielt wieder einen Mittelgang, wie es
dem Charakter einer Barockkirche entspricht.
Zur Wallfahrtsgeschichte:
Das Patrozinium wurde ursprünglich am Mittwoch in der Pfingstwoche gefeiert. Von 1689 – 1744 liegt das urkundliche, schriftliche Verzeichnis der vielen erlangten
Guttaten zu Schwenningen vor. Es werden 73 Fälle wunderbarer Gebetserhörungen bei dem Gnadenbild in Schwenningen aufgeführt. Bei der Feier des Patroziniums wurde schon unter Pfarrer Fischer (1792
– 1839) an diesem Tag Seide geweiht. (Das Auflegen von geweihter Seide soll heiligende Kraft haben.) Außerdem fand an diesem Tag ein kleiner Jahrmarkt statt. Damals bildete der Blutritt um die
Kapelle, der schon seit dem 17. Jh. nachweisbar ist, den Höhepunkt der Veranstaltung. Ca. 1870 ist der Blutritt allmählich eingeschlafen. In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts
versuchte man wieder, das Heilig-Blut-Fest zu beleben, aber „der Schönenberg daneben lässt die Schwenninger Wallfahrt nicht aufkommen“, notiert der Neulermer Pfarrer Josef Pfitzer in der
Pfarrchronik. Erst 1947 gelang es Pfarrer Otto Saß die Tradition des Blutritts wieder aufzunehmen. Er schreibt im Pfarrbuch: „Am Pfingstmontag, 26. Mai 1947, wurde zum Erstenmal wieder seit rund
80 Jahren der Schwenninger Blutritt mit großem Erfolg abgehalten.“
In einer Nische, links im Chorbogen, befindet sich ein Kreuz, in dessen Fuß ein Stein vom Felsen Golgotha eingeschlossen ist. Diesen hat Pfarrer Eugen Schneider 1972
bei einer Heilig-Land-Pilgerreise von dem Archäologen Erich Schötle (vormals Stadtbaumeister in Calw) erhalten und im Jahr 2001 als kostbare Reliquie der Heilig-Blut-Kapelle in Schwenningen
vermacht.
Wir Schwenninger sind ihm dafür sehr dankbar !
Norbert Pfitzer